Naturgeschichte

Das Mammut von Niederweningen 2003

Der im Juli 2003 in Niederweningen gefundene Skelettrest steht im Mittelpunkt des Mammutmuseums. Um die fĂŒr die Schweiz einmalige Fundsituation eines Mammutskeletts in einer Torfschicht zeigen zu können, wurden die Knochen und ZĂ€hne nach der aufwĂ€ndigen Konservierung wieder in der ursprĂŒnglichen Fundsituation auf einer schrĂ€g gestellten Platte montiert. Die genauere Untersuchung zeigte, dass es sich hauptsĂ€chlich um die linke SkeletthĂ€lfte eines grossen ausgewachsenen Mammuts handelt, das im Alter von etwa 40 Jahren im Sumpf von Niederweningen verendet war.

Der am 2. Juli 2003 entdeckte Skelettrest eines Mammuts in der Baugrube Murzlenstrasse in Niederweningen wurde in einer dreiwöchigen Rettungsgrabung durch die KantonsarchĂ€ologie ZĂŒrich und das PalĂ€ontologische Museum der UniversitĂ€t ZĂŒrich ausgegraben, sorgfĂ€ltig dokumentiert und geborgen. Die stĂ€ndig feucht gehaltenen Knochen und ZĂ€hne wurden im folgenden Winter langsam getrocknet und mit Polyesterharz imprĂ€gniert. Die Montage auf der schrĂ€g gestellten Platte zeigt die Originalfossilien in der ursprĂŒnglichen Fundsituation im eiszeitlichen Torf, der mit Polyesterharz modelliert wurde. Links unten ist der Graben angedeutet, in dem die Baggerschaufel auf den massiven Unterkiefer traf.

Die PrÀsentation des Mammutfundes 2003 wurde ermöglicht durch die Spende der Bucher Industries AG, Niederweningen, zum Anlass ihres 200-jÀhrigen FirmenjubilÀums 2007.

Was wurde gefunden?

Der SchĂ€del mit den Oberkiefer-Backen-zĂ€hnen und den StosszĂ€hnen wurde vom Bagger teilweise zerstört. Nur grössere Stosszahn - Fragmente und der massive Unterkiefer wurden im Baggergraben in vermuteter Fundlage neben die zerbrochenen StĂŒmpfe der beiden StosszĂ€hne gelegt. Am Ende des Grabens ist die HalswirbelsĂ€ule mit den ersten Brustrippen erkennbar. Daneben die grossen Knochen des eingeknickten linken Vorderbeins und dahinter das ebenfalls stark eingeknickte linke Hinterbein. Becken, Rumpfwirbel und Rippen sind nur in Fragmenten erhalten geblieben. Schwanzwirbel, SchultergĂŒrtel, das rechte Vorder- und Hinterbein fehlen mit Ausnahme einzelner Knochen des rechten Hinterfusses.

Auf dem ĂŒberarbeiteten Fundplan ist der Unterkiefer mit den zwei ausgezeichnet erhaltenen BackenzĂ€hnen in der vermuteten Lage eingetragen. Die vier isoliert gefundenen BackenzĂ€hne des Oberkiefers, Teile der beiden StosszĂ€hne und viele BruchstĂŒcke von SchĂ€delknochen mit typischer Wabenstruktur, die im sofort durchsuchten Aushub gefunden wurden, weisen darauf hin, dass darĂŒber ursprĂŒnglich der SchĂ€del gelegen haben muss. Vermutlich war der leicht gebaute SchĂ€del schon bei der Ablagerung und Verdichtung des Torfs zusammengedrĂŒckt worden.

Auch die am Grabenrand angeschnittenen StosszĂ€hne waren zerdrĂŒckt und im vorderen Abschnitt durch eine Rutschung abgeschert worden. Am Ende des Baggerschlitzes lagen die beschĂ€digten Knochen der HalswirbelsĂ€ule mit dem darunter liegenden Zungenbein; von den Rumpfwirbeln und Rippen fanden sich nur wenige Teile. Die Knochen des SchultergĂŒrtels fehlen. Die grossen Knochen des linken Vorderbeins liegen eingeknickt eng nebeneinander, die Fingerknochen teilweise noch unter den Unterarmknochen begraben. Knie und Unterschenkelknochen des linken Hinterbeins sind nach vorne geknickt, wobei seltsamerweise der massive Oberschenkelknochen wie zusammengeklappt ĂŒber den Fussknochen zurĂŒckblieb. Deutlich erkennbar ist der Gelenkkopf, der in die Gelenkpfanne des Beckens passt. Vom rechten Hinterbein fanden sich nur einige wenige Fussknochen hinter dem Becken. Der Rest scheint zu fehlen, wie auch das ganze rechte Vorderbein.

Wie ist das Mammut erhalten geblieben?

Die Dimensionen der Knochen und der Zustand der BackenzĂ€hne lassen darauf schliessen, dass es sich um ein grosses Mammut von etwa 3,50 m Schulterhöhe handelt. Die Todesursache ist unbekannt. Das weitgehende Fehlen der rechten KörperhĂ€lfte wird mit einer frĂŒheren, talwĂ€rts gerichteten Rutschung der Torfschicht erklĂ€rt. Die BeschĂ€digung der obersten Knochen weist darauf hin, dass das Skelett beim ersten Aushub der Baugrube vom Bagger angeschnitten wurde.

Die rekonstruierten Umrisse des Mammutkadavers weisen darauf hin, dass der grosse Mammutbulle mit eingeknickten Vorder- und Hinterbeinen im Moor versank. Auch der schwere Unterkiefer und die StosszĂ€hne sanken tief ein, wĂ€hrend der leichtere SchĂ€del und der ballonartige Rumpf oben auf lagen. Bei der Verwesung der Weichteile und der anschliessenden Torfbildung mit Verdichtung des wasserhaltigen, fast nur aus Pflanzenmaterial bestehenden Moorbodens wurden die eingeknickten ExtremitĂ€ten noch stĂ€rker zusammen gedrĂŒckt und möglicherweise auch der SchĂ€del deformiert.

Eine Mitwirkung der Neandertaler oder der ersten modernen Menschen beim Tod des Mammuts ist eher auszuschliessen, da keine Schlachtspuren erkennbar sind und auch keine Steinwerkzeuge gefunden wurden. Anzeichen von Verletzungen oder Bissspuren durch Raubtiere und Aasfresser fehlen ebenfalls. Hingegen war direkt neben dem Skelettrest eine deutliche Scherzone in der stark ausgedĂŒnnten Torfschicht zu erkennen, die eindeutig die noch erhaltenen, aber stark deformierten StĂŒmpfe der StosszĂ€hne abschnitt. So dĂŒrfte das Fossil bei einer spĂ€teren, talwĂ€rts gerichteten Rutschung im noch weichen Sediment zerrissen worden sein. ZusĂ€tzlich waren die zuoberst liegenden Knochen des Oberarms, des Beckens und des Oberschenkels oberflĂ€chlich beschĂ€digt und bis in eine Tiefe von 10 cm stark deformiert. Wahrscheinlich ist diese mechanische BeschĂ€digung auf den ersten Aushub der Baugrube mit einem 20-Tonnen-Bagger zurĂŒck zu fĂŒhren, bei dem die Torfschicht grossflĂ€chig angeschnitten wurde. Dabei sind möglicherweise einige Knochen verloren gegangen, bevor man die massiven BackenzĂ€hne und den Unterkiefer beim Aushub fĂŒr die Abwasserleitung entdeckte.