Naturgeschichte

Bohnerz und Fossilien aus dem Boluston

Im oberen Teil der Jurakalke der Nordschweiz ist ein komplexes System von Karstspalten ausgebildet, das vermutlich bereits im frühen Tertiär, vor 60 Millionen Jahren, durch kohlensäurehaltiges Regenwasser erodiert wurde. Im Eozän, vor etwa 40 Millionen Jahren wurden dann diese Karstspalten mit Bolustonerde, einem kalkfreien ockergelb bis braunen festländischen Rückstandssediment gefüllt. Zusätzlich finden sich linsen- und taschenartige Vorkommen von eisenreichen Bohnerzkügelchen. Bohnerz und Boluston sind Roterdebildungen und als solche an subtropisches bis tropisches, wechselfeuchtes Klima mit einem Jahresmittel von über 16°C gebunden.

In Boluston-Spaltenfüllungen der Lägernsteinbrüche in Dielsdorf wurden Zähne und Knochen von Säugetieren und Reptilien gefunden. Bei den Reptilien sind Reste von Schlangen, Waranen und Alligatoren nachgewiesen. Unter den Säugetieren dominieren Huftiere (Paar- und Unpaarhufer). Raubtiere, Nagetiere, Insektenfresser, Gürteltiere und Fledermäuse sind relativ selten. Auffallend häufig sind kleine Halbaffenarten, die einen mehr oder weniger dichten Baumbestand verlangen. Pflanzen selbst sind allerdings nicht überliefert, sie wurden in dem feuchtwarmen Klima rasch zersetzt.

Die Konzentration der Fossilien in den Spaltenfüllungen ist auf den damaligen Lebensraum zurück zu führen. Wassergefüllte Wannen und Vertiefungen (Dolinen) auf dem sonst trockenen Karstplateau dienten Pflanzenfressern und Raubtieren gleichermassen als Tränkestellen. Bei Regenfällen wurden Kadaver oder Skelettreste in das Karstsystem gespült und so in den Spalten angereichert. Auch von den mageren Roterdeböden blieb oberflächlich nichts erhalten, da die Rückstände ebenfalls in der Tiefe verschwanden, wo Boluston und Bohnerz die zerfallenden Knochen und Zähne konservierten.

Zeitkanal: 40-155 Millionen Jahre, die grösste Schichtlücke

Aus dem frühesten Tertiär (Spätes Eozän und Paläozän), der ganzen Kreide und dem spätesten Jura (Tithon) sind in der Nordschweiz keine Ablagerungen nachgewiesen. Die Boluston- und Bohnerz-Spaltenfüllungen des Eozäns (vor 40 Millionen Jahren) greifen bis 20 m tief in Kalke des späten Juras (vor 140 Millionen, nach neuer geologischer Zeitskala vor 155 Millionen Jahren) hinunter.