Kulturgeschichte

Das Mittelalter in der Region Lägern

Das Mittelalter lässt sich in drei grosse Abschnitte gliedern: das Frühmittelalter (450–900), das Hochmittelalter (900–1250) und das Spätmittelalter (1250–1500). Im Mittelalter lebten die Menschen in Einzelgehöften und kleineren Dörfern. Im Verlauf des Hochmittelalters entstanden mehrere Burgen, mit denen adlige Geschlechter ihre Herrschaftsansprüche sicherten. Neben den ländlichen Siedlungen gewannen im Hoch- und Spätmittelalter die Städte zunehmend an Bedeutung. Eine zentrale Rolle im Leben der mittelalterlichen Menschen spielte die Kirche.

Mittelalterliche Zeugen

Die Ursprünge der heutigen Dörfer rund um die Lägern – im Wehntal und im Furttal – gehen bis in das Frühmittelalter zurück. Während archäologische Belege für diese Zeit aus dem Wehntal bis heute fehlen, konnten Spuren frühmittelalterlicher Siedlungen in Dällikon (1) und jüngst auch in Otelfingen (2) ausgegraben werden. Vermutlich waren entsprechende Spuren in den meisten der heutigen Siedlungszonen vorhanden. Auch die Existenz von Gräbern weist auf frühmittelalterliche Siedlungen hin, wie mehrere Fundstellen im Furttal, aber auch in Dielsdorf (3) und Niederhasli (4) zeigen. Kleinere oder grössere Gräbergruppen wurden im Frühmittelalter noch unabhängig von kirchlichen Bauten angelegt; erst mit dem Bau der ersten Kirchen ab dem 7. Jahrhundert werden die Friedhöfe zu den Kirchen verlagert. Für Niederweningen (5) wird eine Kirche erstmals im 12. Jahrhundert genannt. Sie dürfte aber bereits im Frühmittelalter gebaut worden sein. Eine archäologische Untersuchung hat allerdings (noch) nicht statt gefunden. Als älteste Kirche im Wehntal nahm sie eine besondere Stellung ein: Sie stand im Zentrum der mittelalterlichen Pfarrei Niederweningen, die fast das ganze Tal von Oberehrendingen bis nach Schöfflisdorf umfasste.

Im Hochmittelalter, ab dem 11./12. Jahrhundert, bauten Adelige rund um die Lägern mehrere Burgen. Auf dem Lägerngrat, mit Blick ins Wehntal und ins Furttal, thront die Ruine Alt-Lägern (6): Aufgrund des Fundmaterials – Pfeil- und Armbrustspitzen, verzierte Metallbeschläge und Reste von Tongefässen – muss die Burg anfangs des 12. Jahrhunderts erbaut und rund 100 Jahre später bereits wieder verlassen worden sein. Auch die Ruine von Alt-Regensberg (7), der Stammsitz der Freiherren von Regensberg, ist noch heute beim Katzensee zu sehen. Neben den ländlichen Siedlungen setzten im 12./13. Jahrhundert die ersten Stadtgründungen ein. Regensberg, das am östlichen Ausläufer der Lägern liegt, ist in den schriftlichen Quellen ab dem 13. Jahrhundert als Stadt erwähnt. Aufgrund seiner verkehrsgeographisch günstigen Lage dürfte es den Durchgang durch das Wehntal kontrolliert haben. An dieser Ost-West-Verbindung lag ganz in der Nähe auch der bekannte Wallfahrtsort am Pflasterbach (8), der im ausgehenden Mittelalter eine überregionale Bekanntheit erlangte. Die Menschen pilgerten zur Liebfrauen-Kapelle nach Pflasterbach um dadurch ihre Zeit im Fegefeuer zu verkürzen. Reste dieser Pilgerstätte legte man bei archäologischen Ausgrabungen 1961/62 frei. 

Kartierung einiger ausgewählten Bauten in der Region Lägern

Das Grubenhaus

In ländlichen Siedlungen sind meistens nur noch Gruben, Pfostenlöcher und Feuerstellen als unscheinbare Bodenverfärbungen erhalten geblieben. Zerbrochene Tongefässe, verloren gegangene Werkzeuge oder Speiseabfälle in Form von Tierknochen zeugen vom Leben der damaligen Menschen. Mit diesen im Boden versteckten Zeugen lassen sich Bauerndörfer und Gehöfte rekonstruieren; im Mittelalter waren insbesondere in ländlichen Siedlungen Holzbauten üblich. Diese dienten als Wohngebäude mit einfacher Feuerstelle und als Stallungen für Tiere oder Werkstätten. Ein Gehöft umfasste neben mehreren Wohn-/Stallbauten auch vom Boden abgehobene Speicher, in denen Lebensmittel vor Tierfrass sicher waren, sowie so genannte Grubenhäuser. Solche in den Boden eingetieften Holzbauten scheinen in erster Linie für die Textilverarbeitung von Bedeutung gewesen zu sein. Für das Spinnen und Weben – Tätigkeiten, die im Mittelalter in der Regel jeder Haushalt selber durchführte – wurden im Boden eingetiefte Räume angelegt. In dem darin herrschenden feuchten Klima konnten pflanzliche Fasern besser verarbeitet werden. Funde von Webgewichten, Webbrettchen und Spinnwirteln aus den Verfüllungen von Grubenhäusern zeugen von solchen Tätigkeiten; manchmal deuten auch Vertiefungen im Boden auf die Standorte von ehemaligen Webstühlen. Jüngst konnten in Otelfingen (2) die Überreste einer ländlichen Siedlung mit mehreren Grubenhäusern ausgegraben werden, die noch vor dem Jahr 1000 n. Chr. erbaut worden waren.