Eiszeiten und Klimawandel

Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsprojekts 2007–2011

Seit der Entdeckung der bedeutendsten Fundstelle eiszeitlicher Tiere der Schweiz von 1890 in Niederweningen wurden vor allem die obersten Ablagerungen mit dem Mammuttorf bis in etwa fünf Meter Tiefe studiert. Die darunter liegenden Ablagerungen konnten 1983 und 1985 in drei Forschungsbohrungen bis in eine Tiefe von 21 m untersucht werden. 1994 zeigte eine Grundwasserbohrung bei Oberweningen, dass das Wehntal ursprünglich mindestens 130 m tiefer reichte als der heutige Talboden und während einer Eiszeit durch Gletschererosion entstanden sein musste.

Um die Form, die Tiefe und das Alter der Felsrinne unter dem Wehntal und deren Füllung mit eiszeitlichen Sedimenten zu erkunden, startete die Stiftung Mammutmuseum Niederweningen 2007 ein Forschungsprojekt. Ziel war die Entschlüsselung der Entstehungs- und Klimageschichte eines für das nördliche Alpenvorland typischen, glazial übertieften Beckens.

Nach geologischen Vorarbeiten wurde im Oktober 2007 am Mammutweg, in der Nähe der Mammutfundstellen die erste Forschungsbohrung NW07 von 30 m Tiefe ausgeführt. Die Bohrkerne wurden von einem interdisziplinären Forschungsteam detailliert untersucht. Dabei konnte in Seeablagerungen unter dem gut bekannten Mammuttorf zwischen 12 und 14 m Tiefe eine schon in den früheren Bohrungen angetroffene Torfschicht bestätigt werden. Für die untersten erbohrten Seeablagerungen in 30 m Tiefe ergaben Lumineszenzdatierungen ein Alter von etwa 180 000 Jahren.

Seismische Untersuchungen

Im Mai 2008 wurde im Wehntal zwischen Niederweningen und Oberweningen eine Geophysikalische Kampagne durchgeführt. Die reflexionsseismischen Untersuchungen in einem Längs- und drei Querprofilen ergaben nach aufwändiger Analyse einfache Schnittbilder durch die Sedimentfüllung und den Felsuntergrund. Der Vergleich mit den drei benachbarten Bohrungen bei Niederweningen (2007, 2009) und Oberweningen(1994) erlaubte eine fundierte geologische Interpretation der seismischen Profile.

Tiefbohrung 2009 östlich von Niederweningen

Die im März 2009 am östlichen Dorfrand von Niederweningen ausgeführte Kernbohrung traf in 2 m Tiefe den Mammuttorf mit darunter liegenden Seesedimenten an. Ab 7.5 m folgte ein knapp 2 m dicker älterer Torf und darunter eine fast 80 m dicke Abfolge von Seesedimenten. Unterhalb 64 m Tiefe lagen in den laminierten Silten vereinzelte gekritzte Gerölle im cm- bis dm-Bereich. Die Gerölle aus Nagelfluh, Kalk, Kieselkalk und Verrucano sind typische Gesteine des Alpennordrandes im Linthtal und am Walensee. Sie werden als Dropstones interpretiert, die von schmelzenden Eisbergen ins feine Sediment eines gletschernahen Sees fielen. Ab 84.6 m Tiefe kam Moräne zum Vorschein und in 89.5 m wurde mit Sandsteinen und Mergeln der Unteren Süsswassermolasse der Fels erreicht. Der 93.6 m lange Bohrkern wurde anschliessend im Rahmen eines zweijährigen Forschungsprojekts des Schweizerischen Nationalfonds genauestens studiert.

Baggerschlitz mit neuem Mammutfund

Nach Abschluss der Bohrung konnte am daneben liegenden Hang ein 10 m langer Baggerschlitz geöffnet werden, um Einblick in den in nur 2 m Tiefe liegenden Mammuttorf zu gewinnen. Dabei zeigte sich, dass die nur etwa 40 cm dicke Torfschicht durch spätere Rutschungen dachziegelartig verschuppt worden war. Zur grossen Überraschung kamen im Torf mehr als 30 kleinere und grössere Bruchstücke von Knochen und Stosszähnen eines weiteren grossen Mammuts zum Vorschein. Damit sind 300 m südöstlich des «Mammutlochs» von 1890 die Reste eines 10. Niederweninger Mammuts nachgewiesen.